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Fotografische Überwachung durch Volkspolizei und MfS

In den Bezirksbehörden der Deutschen Volkspolizei (DVP) sind in der Abteilung Kriminalpolizei Fotoaufklärungsgruppen verankert, zu deren Aufgabenfeld die Überwachung und Kontrolle der Zuschauer und Fußballfans gehört. Hierbei arbeitet die DVP mit dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) Hand in Hand. Wöchentlich liefern die Polizeifotografen dem MfS Dokumentationen, die nicht allein zur Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit dienen. Im Fokus steht ebenso eine neue Fankultur, die SED-Funktionäre als „Verherrlichung“ westlicher Lebensweise betrachten: Fans schließen sich zu eigenen Fanclubs zusammen, geben sich rebellisch, provokant und mitunter gewaltbereit.

Sie singen Lieder und verbreiten Texte, die der Staatsführung als „negativ-dekadent“ gelten. Ein breites Überwachungsnetz wird deshalb über den Fußball in der DDR gelegt. Der Katalog von „Hochsicherheitsspielen“ zeigt, welche Begegnungen als gefährlich gelten: Zu ihnen zählen Oberliga-Spiele von Clubs mit gewalttätigen Fangruppen, Derbys in Ost-Berlin und Leipzig, das FDGB-Pokalendspiel, Spiele der unbeliebten Mannschaften der „Schutz- und Sicherheitsorgane“ – Dynamo und Vorwärts – sowie Auftritte von Bundesligateams in der DDR und in Osteuropa. Während die Fotografen der Sicherheitskräfte im Stadion uniformiert oder in ziviler Kleidung Präsenz zeigen, agieren sie außerhalb der Stadien verdeckt und sogar mit getarnten Kameras. Die konspirative Fotoarbeit wird zumeist vom MfS organisiert und von ausgebildeten Fachleuten, aber auch von angeheuerten Inoffiziellen Mitarbeitern (IM) umgesetzt.

 

Ein Arbeitsfeld der Deutschen Volkspolizei: Volkspolizisten aus Ost-Berlin werten 1983 fotografisches Material aus. (1)

 

Aufnahme mit getarnter Kamera: Konspirativ arbeitende Mitarbeiter des MfS beobachten Mitte der 1980er Jahre Fußballfans des BFC Dynamo im Umfeld des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks. (2)

Verdeckte Aufnahme: Fotografen der Volkspolizei beobachten die Zuschauer und Fans in der Nähe des Ost-Berliner Stadions der Weltjugend anlässlich des FDGB-Pokalfinales zwischen dem 1. FC Lok Leipzig und dem FC Vorwärts Frankfurt/O. 1976. (3)

Kamera mit Knopfaufsatz: Diese sowjetische Miniaturkamera F-21 kommt zumeist bei Jacken mit aufgesetzten Taschen zum Einsatz. Der Jackenknopf wird ausgebohrt und fest auf das Objektiv der Kamera aufgebracht. Durch einen Schlitz in der Jacke gelangt das „Knopf-Objektiv“ nach außen. (4)

„Präparierte“ Kamera: Für die konspirative Arbeit setzt das MfS Kameras ein, die es ermöglichen, heimlich Fotos aufzunehmen. Diese flache Kleinbildkamera der Marke „Tessina“ kann in einer Geldbörse verschwinden. Die Kamera ermöglicht Fotos mittels durchbohrter Löcher im Seitenfach und ist deshalb für den Einsatz in unmittelbarer Nähe geeignet. (5)

Am Spieltag rollt nicht nur der Ball. Im Stadion-Innenraum sind Fotojournalisten präsent, wie hier im Ost-Berliner Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark und im Dr.-Kurt-Fischer-Stadion in Karl-Marx-Stadt in den 1980er Jahren. Sie halten das Spielgeschehen und die Stadionatmosphäre fest. In ihren Reihen sind Fotografen der Volkspolizei und des MfS verdeckt aktiv. Ihr Interesse gilt allein den Zuschauerrängen. (6,7,8)

Busankunft von bayrischen Fans in Dresden: Anlässlich des Achtelfinales im Europapokal der Landesmeister zwischen Dynamo Dresden und dem FC Bayern München im Herbst 1973 beobachtet das MfS heimlich mit „präparierten“ Kameras den Ausstieg der Münchner Anhänger. (9)

Volkspolizisten bei der Auswertung von Fotomaterial im Jahr 1983. (10)

Der Fotograf der Volkspolizei fotografiert heimlich aus einem höher gelegenen Gebäude im Herbst 1974 die Ankunft der Anhänger des FC Bayern München am Hauptbahnhof Magdeburg. Die Bayernfans steigen in einen wartenden Bus, um zum Achtelfinalspiel im Europapokal der Landesmeister zwischen dem 1. FC Magdeburg und dem FC Bayern München zu fahren. (11)

Heimlich und mit „präparierten“ Kameras werden die Fans des FC Bayern München in der Dresdner Innenstadt durch MfS-Fotografen aufgenommen. Das MfS verfolgt das Auftreten der Bayernanhänger im Vorfeld des Achtelfinales im Europapokal der Landesmeister zwischen Dynamo Dresden und dem FC Bayern im Herbst 1973. (12)

Verdeckte Aufnahme des MfS in der Dresdner Innenstadt. Im Fokus sind Fans aus Ost und West vor dem UEFA-Pokalspiel zwischen Dynamo Dresden und dem VfB Stuttgart im Herbst 1979. Die Spiegelung auf der Aufnahme weist darauf hin, dass die Kamera wahrscheinlich hinter einer Glasscheibe positioniert war. (13)

Mit versteckter Kamera mischen sich MfS-Mitarbeiter unter die Fangruppen. Die Aufnahme zeigt den Zugriff von in zivil gekleideten MfS-Mitarbeitern nach Fanprügeleien vor einem Oberliga-Punktspiel des BFC Dynamo in der Nähe des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks in Ost-Berlin Mitte der 1980er Jahre. (14)

Quellennachweise

1: Polizeihistorische Sammlung Berlin

2: Bundesarchiv, MfS BV Bln Fo 383 Bild 2

3: Landesarchiv Berlin, DVP BV Berlin, C Rep. 303 Nr. 3082

4: Sammlung Stasimuseum Berlin/Foto John Steer

5: Sammlung Stasimuseum Berlin/Foto John Steer

6: Bundesarchiv, MfS BV Bln Fo 847 Bild 15

7: Bundesarchiv, MfS HA XX Fo 1790 Bild 27

8: Bundesarchiv, MfS BV Kmst KD Kst 162

9: Bundesarchiv, MfS BV Ddn Abt. VIII Nr. 12535 Bild 252

10: Polizeihistorische Sammlung Berlin

11: Landesarchiv Sachsen-Anhalt, Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei M24 Nr. 584 Foto 27

12: Bundesarchiv, MfS BV Ddn Abt. VIII Nr. 12535 Bild 185

13: Bundesarchiv, MfS BV Ddn Abt. VIII Nr. 11287 Bd. 3 Bild 122

14: Bundesarchiv, MfS BV Bln Fo 383 Bild 5